text Christian FASCHINGEDER
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Wenn die Diskussion darüber auch nie abgeschlossen sein wird, so kann sie doch zuerst eröffnet werden: Welche Interessen vertreten Ziviltechniker? Ziviltechniker sind keine Gewerbetreibenden (ZTG § 4 Abs. 5), dagegen können sie öffentliche Urkunden im Rahmen ihrer Befugnis ausstellen. Es ist also nicht das wirtschaftliche Interesse, das im Kern der Profession steckt, sondern das besondere Verhältnis zwischen konkretem Auftrag und der Wahrung bestimmter Allgemeininteressen.
Es gilt demnach, nicht nur die Verantwortung einem bestimmten Auftraggeber gegenüber zu wahren: Die Befugnis zeugt von einem Vertrag mit der Gesellschaft. Unsere arbeitsteilige Gesellschaft profitiert von solchen Verein barungen, da sie jeweils bestimmten Gruppen einige ihrer schwierigeren ethischen Dilemmata anvertraut. Sie erkennt die Vorteile einer Kooperation, die aus einer Spezialisierung und aus der Delegierung der Befugnis an jene resultiert, die eine solche im Rahmen ihrer Expertise am besten ausüben können. Deren Legitimität ist trotzdem sehr umstritten, da die Gesellschaft im Gegenzug Privilegien verleiht; darunter das ausschließliche Recht, bestimm-
te Aufgaben auszuführen, sowie das Recht auf Selbstbestimmung, auf Autonomie. Architektur etwa ist nicht nur eine technische, sondern auch eine künstlerische Disziplin: Sie folgt darin Werten und Regeln, die sich von jenen einer Mehrheit unterscheiden können. Zeigt dies nun die Grenzen der architektonischen Freiheit auf oder jene von Mehrheitsentscheidungen? Es ist durchaus möglich, dass die öffentliche Meinung kurzfristigere Interessen verfolgt als eine Profession, deren Kernkompetenz in der Planung liegt: Ein Projekt ist immer auch eine Projektion, in die Zukunft, ins Ungewisse; wofür fundiert Spekulationen angestellt werden. Entsprechend müsste eine berufliche Ethik die Auswirkungen sozialer, wirtschaftlicher und politischer Systeme im Blick behalten, innerhalb derer die ethischen Fragen verhandelt werden.
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>> Weiterlesen in derPlan 41, die Zeitschrift der Kammer der ZiviltechnikerInnen für Wien, NÖ und Burgenland, Mai 2017