Michael Muhr leitet das Kulturforum Südburgenland in Eberau. Wenn im Salon nicht gerade Gäste ein- und ausspazieren, nutzt er ihn als eigenes, öffentliches Wohnzimmer – und blättert in der Geschichte.
Protokoll: Wojciech Czaja
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Das Haus wurde 1904 errichtet, und zwar auf den Resten eines alten Bauernhauses. (...)
Anfang der Neunzigerjahre diente das Haus dann als Lager für die Grenzsoldaten des Bundesheers. Hier unten standen die Feldbetten der Grenzschutzkompanie. Oben im ersten Stock, in den kleinen, verwinkelten Räumen, wohnten die Offiziere.
Zuletzt stand das Haus ziemlich lange Zeit zum Verkauf. Kein Wunder! Wer kauft schon ein Haus am Rande des Landes mit 600 Quadratmetern Wohnfläche? Niemand. Außer ich halt. Ein Freund rief mich damals an und sagte: ,Du, Michael, pass auf, ich habe da ein verrücktes Haus, das niemand haben will. Ich denke, das wäre perfekt für dich.‘ Und ja, in gewisser Weise hatte er recht. Als ich den Raum das erste Mal betrat, das war 2008, war ich schockiert, denn der Zustand war desolatest – und doch fühlte ich mich von der allerersten Sekunde an irgendwie daheim. Das Haus mit seinem Charme und seinem großen Katalog an Geschichte passt einfach zu mir. Es ist ein Haus mit Jahresringen. (...)
Die Sanierung war ein Drama: Boden rausreißen, Heizung installieren, Toiletten einbauen, Putz zum Teil abschlagen, Mauern trockenlegen, neue Stromkreise einziehen, Böden einbauen, Sicherheitsvorkehrungen für Veranstaltungen treffen und so weiter. Heute kann ich sagen: Die Sanierung hat locker noch einmal so viel gekostet wie das Haus an sich. Da fließen die Tausender nur so in Strömen! Aber ich mag das Resultat, sehr sogar. Am liebsten habe ich den alten Ofen, der aus einer alten Wiener Villa stammt. Ich wärme mich gerne an diesem Ofen. Und wenn hier nicht gerade Veranstaltungen stattfinden und fremde Menschen ein- und ausgehen, dann nutze ich den Salon als mein eigenes öffentliches Wohnzimmer und sitze in diesem Fauteuil und lese stundenlang in historischen Büchern.(...)