Lissabon feiert die zeichenhafte MAAT-Kunsthalle der Londonerin Amanda Levete und entdeckt dabei seine Uferzonen wieder

Text: Roman Hollenstein

 

(...) Schon vor sechs Jahren konnte zwischen dem neuen Jachthafen und der Torre Belém das vom Architekturbüro Risco geplante, aufgrund seiner schwebenden Form und den filigran-weissen Schiebeläden wohl schönste zeitgenössische Hotel der Stadt eröffnet werden. Ihm folgte ein nicht weniger heiteres Zeichen: das 2010 vom indischen Meisterarchitekten Charles Correa realisierte, der biomedizinischen und neurologischen Forschung verpflichtete Champalimaud Centre for the Unknown, dessen bei Modefotografen beliebte, auf den Atlantik ausgerichtete Platzanlage entfernt an Louis Kahns Salk Institute im südkalifornischen La Jolla erinnert. (...)

Dieses Ausstellungshaus wurde nun zum Museu de Arte, Arquitetura e Tecnologia (MAAT) erweitert, in welchem Teile der auf moderne portugiesische Kunst spezialisierten EDP-Sammlung gezeigt werden. Gleichzeitig erweiterte die Londonerin Amanda Levete den aus dem Jahr 1908 stammenden, denkmalgeschützten Baukomplex um einen muschelartig aus den Fluten des Tejo ragenden Neubau, der zurzeit halb Lissabon in Atem hält. Zu Tausenden pilgern die Hauptstädter zum MAAT und nehmen das neue, Kunsthalle genannte Haus stolz in Besitz. Staunend spazieren sie über die Dachwölbung des sich wie ein Aussichtshügel aufbäumenden, mit weissen Kacheln verkleideten Gebäudes, das dem Tejo sein gigantisches Haifischmaul entgegenhält. Dessen Gebiss erweist sich als das Fensterband der noch nicht zugänglichen Cafeteria. Dieser Glaswand und dem schlauchartig ins Innere führenden Gang ist es zu verdanken, dass das organische Gebäude überhaupt als Architektur erkennbar ist. Das Organische fasziniert die Architektin, die einst zusammen mit ihrem 2009 verstorbenen Partner Jan Kaplicky das Kultbüro Future Systems leitete und mit Entwürfen von phallusförmigen Hochhäusern für Aufregung sorgte, bis heute. Das beweist die MAAT-Kunsthalle ebenso wie das mit ihr verwandte Erweiterungsprojekt des Londoner Victoria & Albert Museum, das ebenfalls 2011 von Amanda Levete geplant wurde. Doch der Bau am Tejo übertrifft bei weitem das Londoner Projekt mit seiner abenteuerlichen Auskragung, die auf einer Hightech-Stahlkonstruktion in der Art einer Berg-und-Tal-Bahn basiert. Diese Bauweise ermöglichte erst den stützenlosen Zentralraum, die «Galeria oval». (...)

 

>> Weiterlesen auf der Website „Neue Züricher Zeitung“