Kommentar: Christian Kern
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"Flood the zone with shit" ist eine Taktik, die sich "clevere" Kommunikationsexperten von der amerikanischen radikalen Rechten abgeschaut haben: Antworte nicht auf Fragen, führe demokratische Kontrolle als Sache für Naivlinge vor, verleumde die Justiz als parteiisch, mach dir die Presse gefügig, gib ja keinen Fehler zu und reagiere auf jede Kritik mit einer Gegenattacke.
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Ziel der Populisten ist nicht der Zusammenhalt der Gesellschaft, sondern die Zuspitzung. Nichts funktioniert im Social-Media-Zeitalter so gut, wie Angst zu schüren und Freund-Feind-Schemen zu strapazieren. Da wir, dort die anderen. Flüchtlinge, Arbeitslose, die EU – was auch immer, Hauptsache ein Feindbild. Die Polarisierung ist nicht geduldeter Nebeneffekt, sondern Schmiermittel ihrer Strategie.
Der Populismus ist keine Ideologie, sondern eine Kommunikationsstrategie. Er hat keine Werte, er hat Umfragen. Die werden regelmäßig ins Kanzleramt geliefert und gelten als Ultima Ratio. Daraus entsteht ein Politikmix der rechts und links vereint, der neoliberale Elemente und im selben Atemzug staatsinterventionistische Züge aufweist. Damit lösen sich die klassischen konservativen Parteien auf. Zwischen Margaret Thatcher und ihrem späteren Nachfolger Boris Johnson liegen politische Welten, zwischen Ronald Reagan und Donald Trump gibt es wenig politische Kontinuität und ebenso zwischen Sebastian Kurz und Wolfgang Schüssel. Es geht nicht mehr um das Durchsetzen eines politischen Wertekanons, sondern um die flexible Adaption der jüngsten Meinungsbefragungen in der Tagespolitik.
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Christian Kern ist Eigentümer der The Blue Minds Company. Von 2016 bis 2017 war er Kanzler, bis 2018 SPÖ-Chef.
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