Hermann Czech ist ein weltbekannter Name. Zumindest in der Architekturwelt. Im breiten Publikum jedoch, meint er, kenne ihn fast niemand. Dem wollen wir zum 80. Geburtstag abhelfen.
Interview: Wojciech Czaja
Standard: Sie haben sich gewünscht, vor unserem Gespräch einen Blick auf meine Fragen zu werfen. Jetzt sind Sie unglücklich.
Czech: Auf viele dieser Fragen finde ich keinen Einstieg. Ich bin etwas ratlos.
Standard: Sie haben Geburtstag. Wünschen Sie sich eine Einstiegsfrage!
Czech: In einer Ihrer Fragen ist von der Irritation in meiner Arbeit die Rede. Darüber würde ich gerne sprechen.
Standard: Bitte!
Czech: Ich höre oft, dass manche Menschen von meiner Architektur irritiert sind. Das ist eine begründete Beobachtung. Das ist aber kein Selbstzweck. Die Irritation kommt ja nicht daher, dass ich darüber nachdenke, womit ich irritieren könnte. Sie ist vielmehr eine unausweichliche Nebenwirkung meines Entwurfsansatzes, meiner Verfolgung von verschiedenen Gedankengängen auf verschiedenen Ebenen.
Standard: Zum Beispiel?
Czech: Das können ganz pragmatische Überlegungen sein – sagen wir aufgrund des Gebrauchs oder der Kostenersparnis. Das können aber auch beabsichtigte Raumwirkungen oder Assoziationen sein. Manchmal sind das auch Zitate aus der Architekturgeschichte oder aus der trivialen Alltagswelt.
Standard: Als ich das erste Mal das von Ihnen geplante Kleine Café am Franziskanerplatz betreten habe, habe ich mir den Kopf darüber zerbrochen, aus welcher Epoche das Lokal stammen mag.
Czech: Das höre ich immer wieder.
Standard: Sie spielen gerne mit der Zeit. Sie zitieren, verfälschen und führen den Betrachter mit Ihren Räumen und Häusern an der Nase herum.
Czech: Die Zeit ist eine Dimension, die man in der Architektur anspielen kann. (...)
Standard: Der „Falter“ bezeichnet Sie als heimlichen Stararchitekten, den keiner kennt. Wie geht es Ihnen damit?
Czech: Da ist was dran. Der deutsche Kunstvermittler Kasper König hat kürzlich über den Begriff „Artists’ Artists“ geschrieben, also von Künstlern, die nur Künstlern bekannt sind. Und er meinte, ich sei ein „Architects’ Architect“. Architekten kennen mich, auch international, aber für Medien und Publikum ist der Czech unbekannt.
Standard: Architekten vergeben keine Aufträge.
Czech: Eben! Aber mit Architektur kann man eh nicht wirklich reich werden. Philip Johnson meinte einmal, als Architekt müsse man von vornherein reich sein oder eine reiche Frau haben.
Standard: Und?
Czech: Weder noch.
Standard: Wie hat sich der Job des Architekten verändert? Ist er leichter oder schwerer geworden?
Czech: Schwerer. Und vor allem lästiger. Manchmal sind Bauvorschriften und Normen unnötig lästig.
Standard: Sind es nicht die Zwänge, die ...
Czech: ... doch, doch, Zwänge sind inspirierend und können zu innovativen Lösungen führen. Aber wenn man nur mehr gerade Treppen und 80 Zentimeter breite WC-Türen bauen darf, dann hört sich die Architektur auf. Dann beginnt die räumliche Verarmung. (...)