text  HOO NAM SEELMANN

 

Den Bauch leicht nach vorne, schlurfend – ohne sich dessen bewusst zu sein, haben Völker und Kulturen eine je eigene Art zu gehen

Wie alles Menschliche ist auch das Gehen kulturell durchformt. Die Koreaner besitzen eine eigene Art zu stehen, von der aus sich auch ihr Gehstil ableitet. Es könnte sein, dass die Globalisierung dies ändert. (...)

Die Koreaner haben, ohne dass sich die meisten von ihnen dessen überhaupt bewusst sind, eine sehr eigene Art zu gehen. Natürlich nicht alle, aber doch die meisten. Ein aufmerksamer Beobachter kann das Anderssein nicht nur sehen, sondern auch hören. Denn die Schritte der Koreaner haben, vergleicht man sie mit denen der Europäer, einen anderen Klang, eine andere Rhythmik und Tonalität. Es ist kein leichter, heller Klang, sondern eher ein tiefer, bassartiger, in die Länge gezogener Laut, den man auf den Strassen Koreas vernehmen kann.

Schon beim Stehen zeigt sich bei den Koreanern eine eigentümliche Grundhaltung, die beim Gehen unverändert erhalten bleibt. Besonders deutlich ist sie bei den Männern mittleren Alters zu beobachten, da sie das kulturelle Muster voll verinnerlicht und auch einen gesicherten sozialen Status erreicht haben. Bei den Frauen ist die traditionelle Haltung heute weitgehend im Schwinden begriffen, da sie meist Schuhe mit Absätzen tragen. Diese wirken stark nivellierend auf den Gang. (...)

 

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