Im Südwesten Chinas hat das Volk der Hani eine der aussergewöhnlichsten Kulturlandschaften der Erde geschaffen.

Mit ihren Terrassen trotzen die Reisbauern den Bergen fruchtbares Land ab.

text  KARIN STEINBACH TARNUTZER

 

(...) Während der Sui- und der Tang-Dynastie begannen die Hani – aus dem Norden Chinas eingewanderte Bauern – die Hänge der Ailao- Shan-Berge zu terrassieren, um Anbauflächen zu gewinnen. Über die Jahrhunderte wuchs das Puzzle aus Terrassen höher und höher. Je steiler der Hang, umso kleiner wurden sie angelegt; vom Tal, das auf 150 Metern über Meer liegt, reichen die nahezu 3000 Stufen bis auf 2900 Meter hinauf. Zentrale Bedeutung kommt dem Wasser zu, wie Lin Chang erläutert: Über ein komplexes System von Kanälen fliesst es aus den oberhalb gelegenen Wäldern auf die Reisfelder. Durch die Mauern aus gestampftem Lehm werden Bambusrohre geschlagen, die mit einem Pfropfen verschlossen werden können. Auf diese Weise regulieren die Hani den Zufluss. Im Winter bleiben die Terrassen mit Wasser gefüllt, damit die Lehmwände nicht austrocknen. Ende März pflügen die Männer mithilfe von Wasserbüffeln den Boden. (...)

120 Tage dauert die Wachstumsphase des «roten Reises», den die Hani anbauen, im Unterschied zum Klebreis eine härtere Sorte mit leicht rötlicher Haut. Im September schneiden die Frauen den reifen Reis und schlagen noch auf dem Feld die Körner aus den Pflanzen, die Männer füllen sie in Säcke und transportieren sie zum Schälen in die Dörfer. Das Reisstroh wird, für die Wasserbüffel, in Garben auf den Feldern getrocknet oder aber verbrannt und die Asche als Dünger ausgebracht. Der natürlichen Düngung dient auch die Tierhaltung, denn in den Terrassen gedeiht nicht nur Reis. Die Hani züchten in ihnen Aale und andere Fische sowie Enten. Am frühen Morgen kann man Frauen begegnen, die ihre Enten in Körben auf dem Rücken zu den Wasserflächen tragen. Zusätzlich werden auf den Reisfeldern Pflanzen aus der Bohnenfamilie angebaut, die Bakterien binden und Stickstoff erzeugen. Eine spezielle Wasserschneckenart vertilgt im Wasser auftretende Schädlinge.

Weltkulturerbe

Diese nachhaltige Anbaumethode, von einer Generation zur anderen weitergegeben, hat dafür gesorgt, dass die Erträge trotz der Monokultur stets konstant blieben. Sie bewog 2013 die Unesco dazu, die Hani-Reisterrassen zum Weltkulturerbe zu ernennen. Die örtlichen Tourismusmanager argumentieren lieber mit der räumlichen Ausdehnung der Terrassen, ihrer langen Entstehungszeit und der Anzahl der Menschen, die sie angelegt haben. Sie bezeichnen die Landschaft als «das weltweit grösste Werk der bildenden Kunst» (...)

 

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