text PHILIPP MEIER
Mangels anderer visueller Reize in dem dämmrigen, mit Strohmatten ausgelegten Hotelzimmer in Shigaraki, Präfektur Shiga, Japan, hat man sich auf das Schriftbild in der Wandnische zu konzentrieren begonnen. Breitbeinig, wie ein von Kraft strotzender Mann, steht es dort vor einem, mit einer Art Helm auf dem Kopf. Gerne hätte man gewusst, was es bedeutet – und erfuhr später, dass es das Zeichen für «Armut» sei. (...)
Wohl war mit dieser Armut die Schlichtheit des Raums gemeint, auf dessen karge Ausstattung das Schriftbild verweisen wollte. Oder auch die Selbstlosigkeit dieses Samurai-Kriegers, den man erkannt zu haben glaubte in der Kalligrafie. Jedenfalls beschlich einen, in Bann geschlagen von einer Schriftkunst, welche die eigene Schreibkultur weit übersteigt, einmal mehr ein Gefühl von Neid. (...)
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